Der Pflichtteilsberechtigte kann verlangen, dass der Erbe einem Notar den Auftrag erteilt, ein Nachlassverzeichnis aufzunehmen. Das wird häufig gefordert, wenn der Pflichtteilsberechtigte die Vollständigkeit und Richtigkeit eines vom Erben vorgelegten Nachlassverzeichnisses bezweifelt. Ein notarielles Verzeichnis hat eine „höhere Richtigkeitsgewähr“. Der Notar entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen, welche Ermittlungen er vornimmt. Die Anforderungen richten sich nach dem Einzelfall. Maßstab ist, welche Nachforschungen ein objektiver Dritter in der Lage des Pflichtteilsberechtigen für erforderlich erhalten würde. Der Notar ist aber ausdrücklich nicht verpflichtet, ohne konkrete Anhaltspunkte in alle denkbaren Richtungen zu ermitteln, um Nachlassvermögen aufzuspüren (BGH vom 07.03.2024 – I ZB 40/23). Der Notar ist kein Detektiv.
Der Notar darf die Fertigstellung eines Nachlassverzeichnisses grundsätzlich nicht verweigern, auch wenn es viel Arbeit macht und er bereits mehr als ein Jahr damit beschäftigt ist. Das gilt erst recht, solange er nicht alle gebotenen Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft hat, z.B. Kontoauszüge nicht besorgt und nicht gesichtet hat. Wenn nach Abschluss der notariellen Ermittlungen trotz Mitarbeit des Erben Unsicherheiten verbleiben, hat der Notar dies im Nachlassverzeichnis zum Ausdruck zu bringen (BGB vom 19.06.2024 – IV ZB 13/23).
Praxishinweis:
Ein Nachlassverzeichnis hat für den Pflichtteilsberechtigten größte Bedeutung, da er andernfalls nicht in der Lage ist, seine Pflichtteilsansprüche zu prüfen und zu beziffern. Zwischen einem privaten Nachlassverzeichnis des Erben und dem notariellen Nachlassverzeichnis gibt es inhaltlich keine Unterschiede.