Durch die Anordnung von Vor- und Nacherbschaft kann der Erblasser bestimmen, wer nach seinem Ableben das Vermögen zunächst erhält (Vorerbe), gleichzeitig aber regeln, dass dieses Vermögen zu einem späteren Zeitpunkt – meist beim Tod des Vorerben – an eine andere Person (Nacherbe) übergeht.
Zum Schutz des Nacherben und zum Erhalt des Vermögens in der Familie unterliegt der Vorerbe verschiedenen Beschränkungen. So sind zum Beispiel Verfügungen des Vorerben über die Immobilie gegenüber dem Nacherben unwirksam, der Vorerbe kann also beispielsweise eine Immobilie nicht veräußern.
Der Erblasser kann den Vorerben aber teilweise von den Beschränkungen befreien. Ist im Testament nicht ausdrücklich geregelt, ob der Vorerbe befreit ist oder nicht, kommt es regelmäßig zu Streitigkeiten zwischen dem Vor- und dem Nacherben über die Auslegung des Testaments.
Das Oberlandesgericht München bestätigte in seiner Entscheidung vom 09.01.2019 (Az. 31 Wx 39/18) die Regel, dass grundsätzlich von nicht befreiter Vorerbschaft auszugehen ist. Allein die Einsetzung des Ehepartners als Vorerben, den der Erblasser üblicherweise aufgrund der besonderen persönlichen Nähe möglichst gutstellen möchte, und dessen Bezeichnung als „Alleinerbe“ sind keine Anhaltspunkte für den Willen des Erblassers, den Vorerben von den Beschränkungen zu befreien.
Um die belastenden Einschränkungen für den Vorerben zu vermeiden, ist deshalb im Testament ausdrücklich klarzustellen, von welchen Beschränkungen der Vorerbe befreit sein soll.