01/2013
München

Bank darf Erben nicht mittels AGB-Klausel zur Erbscheinsvorlage zwingen

Die AGB-Klausel einer Bank, wonach es nach dem Tod eines Kunden im Ermessen des Geldinstituts liegt, ob es vom Erben einen Erbschein, ein Testamentsvollstreckerzeugnis oder eine ähnliche Urkunde verlangt, oder ob es als Nachweis des Erbrechts Testament oder Erbvertrag genügen läßt, ist unwirksam. Das hat das OLG Hamm mit Urteil vom 01.10.2012 entschieden (Az.: 31 U 55/12).

In dem zugrundeliegenden Fall stritten die Parteien um die Wirksamkeit von Klauseln, die die beklagte Sparkasse in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) verwendete. Darin heißt es: „Nach dem Tode eines Kunden kann die Sparkasse zur Klärung der rechtsgeschäftlichen Berechtigung die Vorlegung eines Erbscheins, eines Testamentsvollstreckerzeugnisses oder ähnlicher gerichtlicher Zeugnisse verlangen. (…). Die Sparkasse kann auf die Vorlegung eines Erbschein oder Testamentsvollstreckerzeugnisses verzichten, wenn ihr eine Ausfertigung oder eine beglaubigte Abschrift vom Testament oder Erbvertrag des Kunden sowie die Niederschrift über die zugehörige Eröffnungshandlung vorgelegt wird.“ Nach diesen Klauseln stand es der Bank damit frei, ob sie einen Erbschein oder ein Testamentsvollstreckerzeugnis in Erbfällen verlangte oder nicht.

Der Kläger machte geltend, die Klauseln benachteiligten Verbraucher unangemessen und seien deshalb unwirksam. Die Bank hielt dagegen, nur ein Erbschein böte die erforderliche Gewähr dafür, daß das Vermögen an den Richtigen ausbezahlt werde. Kreditinstitute hätten in solchen Fällen ein großes Schutzbedürfnis an der Schaffung klarer Verhältnisse. Außerdem verlange der Gesetzgeber ja auch für Grundbucheintragungen die Vorlage eines Erbscheins.

Vor dem Landgericht Dortmund scheiterte die Sparkasse mit dieser Argumentation und ging daraufhin in Berufung. Das Oberlandesgericht Hamm bestätigte das Urteil jedoch.

Die Begründung der Richter: Eine grundsätzliche Pflicht des Erben zur Vorlage des Erbscheins sei nach dem BGB nicht gewollt und würde in vielen Fällen zu einer Belästigung des Erben, zu unnützen Kosten und zur Verzögerung der Nachlaßregulierung führen. Die streitgegenständlichen Klauseln der Sparkasse AGB räumten der Bank jedoch unabhängig davon, ob im konkreten Einzelfall das Erbrecht überhaupt zweifelhaft sei oder auch anders nachgewiesen werden könne, ein Recht auf Vorlage eines Erbscheins ein. Die Beklagte könne nach dem Inhalt der Klausel die Vorlage eines Erbscheins selbst dann beanspruchen, wenn ein Konto nur ein geringes Guthaben aufweise und die Forderung nach einem Erbschein daher möglicherweise sogar als rechtsmißbräuchlich anzusehen wäre.

Zwar habe die Bank tatsächlich ein hohes Eigeninteresse daran, nicht an den Falschen zu leisten, heißt es in der Urteilsbegründung. Dennoch dürfe sie sich durch die AGB kein uneingeschränktes Wahlrecht einräumen, sondern müsse den jeweiligen Einzelfall differenziert betrachten. Bei konkreten Zweifeln am behaupteten Erbrecht könnten Leistungen dann von der Vorlage eines Erbscheins oder Testamentsvollstreckerzeugnisses abhängig gemacht werden.

Dasselbe gelt im Grundbuchrecht, wonach das Grundbuchamt nur dann einen Erbschein fordern dürfe, wenn sich bei der Prüfung der Verfügung von Todes wegen hinsichtlich des behaupteten Erbrechts Zweifel tatsächlicher Art ergäben, die nur durch weitere Ermittlungen geklärt werden könnten. Außerdem handele es sich bei der Vorschrift aus der Grundbuchordnung, auf die die beklagte Bank sich beziehe, um eine nicht verallgemeinerungsfähige Sonderregelung.

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